Islands

35 minutes
2023
K77 Studio performance series Berlin



Planets, intervals
poses, walks
turn arounds
wandering backwards,
clicks, thuds
plops, hiss

photography by Ioana Ferariu

Dance review by visual artist Karin Grießbauer

They are a true couple.
On stage and that they are also in life is so energetically and beautifully obvious.

Watching their performance makes you realize what dance is, what music is. The whole thing is utterly enchanting. Delighted, enraptured, bedazzled, deeply touched, laughing, I am torn from my everyday carousel of thoughts and so cheerful that even the bizarre and threatening effect that riding the underground at night in a big city can have simply disappears. The impressions of this experience linger for days afterwards. Good art can do that. I wish I could put into words what I experienced: Two human beings, the male with a bass clarinet, standing close together, detaching themselves from their unity, moving away from each other. There is gyrating, whizzing, whirling, rattling and hissing.

They lose each other and yet are connected to each other in the greatest suspension and concentration. They come closer together, cast a spell over each other. Become one and then two again, but always related to each other with the utmost presence. There are slow passages, each of the dancer's fingers and toes is given tense attention. Gestural, mimic, linguistic and comedic elements emerge unexpectedly from the flow of dance movements.

The musician is actually two beings: he bears witness to the dance with the intense playing that builds up between him and the sounds he produces. He is so skillfully familiar with his instrument, elicits sounds from it in a very targeted way and yet listens in amazement at what he produces. Then again, the instrument becomes a paddle and concrete images are evoked from complete abstraction. And again and again, the pair come together in a calm, sung harmony. Not once during the 35 minutes does the suspense diminish.

Mariangela Tinelli (contemporary dance) and Ingólfur Vilhjálmsson (bass clarinet) can do art. Alone, they are nothing less than virtuosos in their profession and together they weave perfect harmony out of their contrasts, their skill, their presence and their musicality. They, themselves, are dance and music.

"Perhaps the true purpose of my life is that my body becomes my sensations and my thoughts become writing."
Quote by Annie Ernaux


Tanz Rezension von Karin Grießbauer, visuelle Künstlerin

Sie sind ein wahres Paar.
Auf der Bühne und dass sie es auch im Leben sind, ist so energetisch wunderschön offensichtlich. 

Ihre Performance zu sehen, macht, dass Du erfasst, was Tanz ist, was Musik ist.  Das Ganze ist ganz und gar bezaubernd. Entzückt, berückt, verzaubert, tief berührt, lachend, bin ich aus meinem Alltags-Gedankenkarussell gerissen und so heiter, dass sich sogar das Bizarre und bedrohlich Wirkende , dass das U Bahnfahren bei Nacht in einer großen Stadt haben kann, einfach verliert.  Noch Tage später wirken die Eindrücke dieses Erlebnisses nach. Das kann gute Kunst. Ich wünschte, ich könnte in Worte fassen, was ich erlebt habe:  Zwei menschliche Wesen, das männliche mit Bassklarinette, stehen dicht  hintereinander, lösen sich aus ihrer Einheit, begeben sich in Entfernung zueinander.  Es wird gekreiselt, gefaucht, gewirbelt, geklappert und gezischt.

Sie verlieren einander und sind doch in größter Spannung und Konzentration  miteinander verbunden. Kommen sich näher, ziehen einander in Bann. Werden eins  und wieder zwei, aber immer mit äußerster Präsenz aufeinander bezogen. Es gibt  langsame Passagen, jedem Fingerglied und jeder Zeh der Tänzerin wird  spannungsreiche Aufmerksamkeit zuteil. Unvermutet brechen aus dem  tänzerischen Bewegungsfluss gestische, mimische, sprachliche, komödiantische  Elemente hervor.

Der Musiker ist eigentlich zwei Wesen: er bezeugt den Tanz mit dem intensiven  Spiel, das sich zwischen ihm und den von ihm erzeugten Tönen aufbaut. Er ist so gekonnt vertraut mit seinem Instrument, entlockt ihm ganz gezielt Klänge und  lauscht doch erstaunt über das von ihm Hervorgebrachte. Dann wieder wird das  Instrument zum Paddel und aus der völligen Abstraktion werden konkrete Bilder  hervorgerufen. Und immer wieder findet das Paar zu einem ruhenden gesungenen  Zwieklang zusammen. Nicht einmal innerhalb der 35 Minuten lässt die Spannung  nach.

Mariangela Tinelli (zeitgenössischer Tanz) und Ingólfur Vilhjálmsson (Bassklarinette) können Kunst. Allein sind sie in ihrem Metier nicht weniger als virtuos und aus ihrer gemeinsamen  Gestaltung weben sie aus ihrer Gegensätzlichkeit, ihrem Können, ihrer Präsenz  und ihrer Musikalität die perfekte Harmonie. Sie selbst sind Tanz und Musik.


„Vielleicht besteht der wahre Zweck meines Lebens darin, dass mein Körper meine  Empfindungen und meine Gedanken zur Schrift werden.“ Zitat von Annie Ernaux



Mariangela Tinelli

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